Es hat z.T. stark geregnet in der vergangenen Nacht. Und warm war es auch nicht gerade, bedenkt man, dass es Mitte Mai ist. Der Morgen ist dann entsprechend frisch, was mir gut gefällt. Es liegt noch eine gewisse Stille über dem Wald als ich das Auenland verlasse. Nur Vögel sind zu hören. Noch sind fast keine Autos unterwegs.
Mir tut das gut. Endlich raus aus der Dauerbeschallung der Stadt. Natur… Natürlichkeit...
Mein erstes Ziel ist Zweifall. Dort ist eine Bäckerei. Noch so ne Richtige, die alles selber macht. Dort wartet ein warmer Kaffe auf mich.
In Zweifall werde ich misstrauisch beäugt. Klar, ein wirkliches Nest und dann so ein Vogel wie ich am frühen Morgen…. Den muss man im Auge halten. Nur sehr wenige Menschen grüßen zurück.
Nach dem Kaffee und etwas zu essen, geht es endlich hinein in den Hürtgenwald. Diese Ruhe am Morgen im Wald genieße ich sehr. Dennoch laufen meine Gedanken….. Ich muss mir an einigen Stellen immer wieder vorstellen das hier junge Männer zwischen 18 und 35 "durchgescheucht" wurden. Im Winter! Regen, tiefer Boden, in dem tiefen und teilweise dunklen Wald liegen gut versteckt Bunker der Wehrmacht. Auch hier lagen Männer versteckt. Teilweise noch jünger und auch älter. Der Befehl war ausgegeben eine Schlacht zu führen, die verloren war. Und so mussten gegen Ende des zweiten Weltkrieges Kinder und ältere Männer an die Front.
Ich bin schon oft im Winter im Hohen Venn gewandert. Es ist rau hier oben! Wer das schon mal kennen gelernt hat, kann sich vielleicht etwas vorstellen, wie es für diese Menschen gewesen sein muss.
Bei aller Schönheit, das geht mir durch den Kopf.
Schutzhütte "Am Kartoffelbaum" im Hürtgenwald. Die ersten richtigen Sonnenstrahlen tun sehr gut!
Und Kompliment! Eine der saubersten Hütten, die ich seit längerer Zeit gesehen habe!
Hier traf ich auf eine Gruppe, die sich um das an der Schutzhütte liegende Pilgermahl kümmerte. Ein Herr sprach mich an und nach kurzer Erklärung, was ich denn mache, konnte er mir viel berichten.
Warum der Kartoffelbaum Kartoffelbaum heißt…und von der Kriegszeit, die er als Kind miterlebte. Wie er und seine Familie durch den Hürtgenwald über Vossenack nach Zülpich fliehen mussten. Durch den Wald in dem bereits gekämpft wurde…. Für ihn als Kind mehr Abenteuer. Damals wußte er ja nicht, was das bedeutete, er war noch zu klein.
In Vossenack besuche ich die Kriegsgräberstätte und das Mahnmal der Windhund Division.
Gedenkstein für Julius Erasmus am Eingang des Ehrenfriedhof Vossenack.
"Ab 1949 erhielt Erasmus Unterstützung durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dessen Architekt Robert Tischler einen Soldatenfriedhof auf der am meisten umkämpften „Höhe 470“, dem „Tor zum Kölner Becken“, errichtete. Der Ehrenfriedhof Vossenack wurde 1952 von Bundespräsident Theodor Heuss eingeweiht. Heute sind dort 2221 Soldaten aus vier Nationen bestattet, die Identität von 930 dieser Soldaten ist unbekannt.
1569 deutsche Gefallene hat Erasmus im Hürtgenwald geborgen und in Vossenack zur letzten Ruhe gebettet. Als er 1971 starb, war er fast vergessen."
Auszug aus Wikipedia "Julius Erasmus"
Auch jetzt, zwei Tage nach meiner Wanderung durch diese Gegend, fällt es mir schwer noch etwas zu schreiben.
Nur so viel.
Vom Ehrenfriedhof Vossenack ging ich zum Museum. Zwischenzeitlich konnte ich ein Treffen vereinbaren. Und auch wenn ich völlig erschöpft war durch die Eindrücke und Anstrengungen des Tages, freute ich mich auf den Besuch. Die damit verbundene "Ehrenrunde" durch Vossenack, immerhin ein paar Kilometer, nahm ich gerne in kauf.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bedanken bei:
Dem Geschichtsverein Hürtgenwald e.V. und hier besonders bei Herrn Christoph Nelles, der sehr kurzfristig eine Lösung fand um mir einen Einblick in die Arbeit des Vereins zu ermöglichen.
Mein Dank gilt damit Herrn Raimund Scholl, der diese Aufgabe übernahm. Seine Erläuterungen zu der Vereinsarbeit und seinen Erinnerungen an die Zeit nach 1944 waren tief beeindruckend und bewegend.
Ich kann nur appellieren dieses Museum zu besuchen. Nehmt euch mal Zeit, nur einen Tag, um hier hoch zu kommen. Zum Ochsenkopf in den Wald, nach Vossenack zur Kriegsgräberstätte, ins Museum und dann nach Vogelsang. Einen Tag in einer Spass-, und Konsumgesellschaft muss doch drin sein… Hier im Museum vor z.B. dem "Mienenkasten" zu stehen und die "Dinger" zu sehen, das ist was Anderes…. Manche sollten töten, aber andere eben auch nur verstümmeln. Beispielsweise den Fuss abreissen damit Kameraden des Verwundeten, Ärzte und Schwestern "gebunden" werden und somit der "Feind" oder Gegner mehr geschwächt wird. Einen Toten lässt man liegen und zieht/kämpft weiter…..
Da ist heutige Kriegsführung nicht besser oder humaner. Bilde man sich mal nicht ein. Heute sitzt man meist nur weit weg und drückt Knöpfchen. Man hört und sieht den Getroffenen nicht mehr….. Muss selber nicht mehr ertragen was der Schuss angerichtet hat. Stellte euch selber vor…. geht mal durch den Wald und stellt es euch vor.
Heute war ein harter Tag. Psychisch und physisch sehr anstrengend. Wie dieser Eintrag auch für euch vornehmlich schwere Kost ist. Sorry dafür, aber so ist es eben!
Jetzt muss ich erstmal "verarbeiten"…..